Symbolbild Zeitung
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Die Backnanger Kreiszeitung hat Fünf Fragen an uns Kandidaten gestellt. Es ging um Stau, bezahlbaren Wohnraum, Integration, schnelles Internet und unsere Herzensthemen.


Der tägliche Stau gehört für viele Pendler in Backnang und Umgebung zum Alltag. Was wollen Sie tun, damit diese künftig schneller ans Ziel kommen?

Das Auto hat unser Land reich gemacht und uns lange Zeit verlässlich von A nach B gebracht. Inzwischen wird das Auto, im Gesamten betrachtet, allerdings immer mehr auch zum Ballast. Lärm, Abgase, Platzverbrauch durch Parkplätze und Straßen belasten unser Wohlergehen. Jeder Kilometer kostet die Gesellschaft 85 Cent. 82 Prozent der Deutschen befürworten eine Verkehrspolitik, die nicht länger auf den Autoverkehr ausgerichtet ist, sondern öffentliche Räume für Fußgänger, Radfahrer und den ÖPNV umgestaltet. Dann werden diese Verkehrsmittel nämlich auch wieder angenehmer und sicherer. Sharing-Angebote machen den Verkehr effizienter. Jedes Carsharing-Auto trägt z.b. zur Abschaffung von 8 bis 20 privaten PKWs bei. Da private Autos bis zu 22 Stunden am Tag ungenutzt Parkplätze blockieren könnten wir so dem Platzmangel entgegenwirken. Die Zukunft wird in der intelligenten und bequemen Vernetzung der verschiedenen Angebote sein, sowie weiteren Innovationen neben eBikes oder bedarfsgerechtem ÖPNV. Dafür wollen wir auch den Grünen MobilPass einführen, mit dem man alle Angebote nutzen, buchen und bezahlen kann.

Eine bezahlbare Wohnung zu finden, sei es zum Kauf oder zur Miete, wird für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen im Raum Backnang immer schwieriger. Wie sollte die Politik darauf reagieren?

Eine Stadt dient der Gemeinnützigkeit und ist nicht Objekt zur Erzielung von Toprenditen. Wir wollen deshalb verhindern, dass immer mehr Finanzinvestoren den Wohnraum z.b. in Stuttgart kontrollieren, missbrauchen und Menschen in die angrenzenden Gemeinden verdrängen. Deshalb sind Immobilienspekulationen uneingeschränkt zu besteuern. Wir streichen zudem eine Reihe von Ausnahmen von der Mietpreisbremse, etwa für höhere Vormieten oder umfassende Modernisierungen. Mit der von uns vorgeschlagenen Neuen Wohnungsgemeinnützigkeit könnten in den nächsten zehn Jahren eine Million zusätzliche dauerhaft günstige Wohnungen errichtet werden. Vermieter, die sich auf soziale Regeln in Bezug auf die Mieterstruktur und Rendite verpflichten, erhalten einen attraktiven Investitionszuschuss und werden dauerhaft von Steuerzahlungen entlastet. Davon würden vor allem Familien mit mittleren und kleinen Einkommen profitieren. Familien, die Anteile an Wohnungsgenossenschaften erwerben, wollen wir finanziell unterstützen. Außerdem sorgen wir dafür, dass sich der Bund weiter an der Finanzierung der sozialen Wohnraumförderung der Länder beteiligt.

Die Unterbringung und Integration der Flüchtlinge stellt die Kommunen vor gewaltige Herausforderungen. Wie sollen sie diese Aufgabe meistern und wie kann der Bund sie dabei unterstützen?

Wir wollen Kommunen so stärken, dass sie gemeinsam mit Engagierten und Geflüchteten selbst die Integration voranbringen können. Ausländerbehörde, Bundesagentur für Arbeit und Sozialamt sollen Neuankommenden aus einer Hand beraten, damit wir reibungslosere Abläufe gewähren und Doppelarbeit vermeiden können. Integrationsangebote und Sprachkurse werden zurzeit stärker nachgefragt als angeboten. Das zeigt auch, dass die überwiegende Anzahl von Flüchtlingen sich integrieren möchte. Die Angebote müssen wir deshalb zügig ausbauen und den Menschen ermöglichen, schnell auf eigenen Beinen zu stehen, so dass sie nicht auf die sozialen Auffangnetze der Kommunen angewiesen sind. Dafür wollen wir auch ausländische Bildungs- und Berufsabschlüsse schneller und großzügiger anerkennen. Ein verlässliches Bleiberecht während und für die ersten Jahre nach der Ausbildung gewährleistet Sicherheit für die Betriebe, die sich für Integration engagieren. Zudem zeigt uns die Situation auch auf, wo der Staat in den letzten Jahren zu wenig investiert hat. In Schulen, bezahlbaren Wohnungen, Abbau der Polizeikräfte usw. Da wollen wir entgegensteuern.

Langsame Internetverbindungen sind für die Unternehmen in den ländlichen Gemeinden rund um Backnang schon heute ein Wettbewerbsnachteil. Was wollen Sie tun, um ihre Situation zu verbessern?

Deutschland belegt beim Breitbandausbau für schnelles Internet in Europa von 28 Ländern, weit abgeschlagen, den vorletzten Platz. Während in Lettland 45,2% der Haushalte angeschlossen sind, sind es hier nur 1,6%. Das ist für ein Land, dessen erfolgreiche Zukunft in Innovation liegen wird, peinlich und gefährdet unseren Wirtschaftsstandort massiv. Wir wollen erreichen, dass bis 2021 75 Prozent aller Haushalte mit Glasfaseranschlüssen versorgt und die restlichen 25 Prozent mit mindestens 50 Mbit/s angeschlossen sind. Hierfür werden wir die verbleibenden Telekom-Aktien im Bundesbesitz im Wert von rund 10 Milliarden Euro veräußern und das Geld in den Ausbau von Glasfaser investieren. Außerdem wollen wir Verbraucher stärken, so dass sie auch mit den Geschwindigkeiten surfen können, die ihnen in der Werbung versprochen wurden. Andernfalls drohen Sanktionen. Wir unterstützten offene und kostenfreie WLANs/Freifunk. Wir wollen kein Zwei-Klassen-Internet. Die Netzneutralität, also die gleiche Behandlung aller Nutzer und aller Inhalte, ist zentral für eine nutzer- und innovationsfreundliche Netzpolitik.

Welches Thema liegt Ihnen persönlich besonders am Herzen, wenn Sie am 24. September in den Bundestag gewählt werden?

Das ist nicht so einfach, denn jedes Thema steht in enger Wechselwirkung mit vielen anderen Bereichen. Im Zentrum steht für mich ein Leben mit der Umwelt, nicht gegen sie. Denn extreme Wetterlagen, schwindende Arten und ausgelaugte Böden gefährden unser menschliches Wohlsein. Was eine zerstörtes Gleichgewicht der Natur uns nicht mehr „schenken“ kann, kostet uns viel Geld und Aufwand. Diese Mittel fehlen uns für alle anderen Herausforderungen. Nachhaltigkeit braucht aber auch finanzielle Mittel und bewussten Konsum. Deshalb ist auch Zeit und Raum zur Selbstreflexion, eine entsprechende Bildungspolitik, mehr soziale Gerechtigkeit wichtig – innerhalb Deutschlands und auch im Bezug auf andere Länder. Auch Sicherheit ist mir wichtig. Dafür möchte ich nicht Kameras, sondern Polizei, Rettungsdienste und ehrenamtliche Hilfskräfte stärken. Dafür brauchen wir aber wiederum auch eine Reform des Gesundheitswesens, denn es bleiben z.b. zunehmend Krankenwägen zwecks fehlender Finanzierung stehen. Und wir brauchen eine Arbeitsmarktpolitik, die ehrenamtliches Engagment besser ermöglicht und/oder fördert und soziale Berufe besser bezahlt.